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Wer aber das Pech haben sollte, in einer Skihütte eingeschneit zu sein oder sich den Arm gebrochen zu haben, wer also wenig anderes tun kann als lesen, der wird sich glücklich schätzen, mit diesem Roman allein zu sein. aus der prophe zeit. self-fulfilling wallacey. allein, wo bleibt der US? ich hab die voraussetzung geschaffen, seit sonntag ist der arm in gips. also, bitte.
Sabine Scho, *1970 in Ochtrup, lebt in São Paulo und Berlin. In ihren Gedichten experimentiert sie mit der Verschränkung von Wort und Bild. Zuletzt erschienen die Gedichtbände Album (Wiederauflage) und farben 2008 bei kookbooks. Auszeichnungen (Auswahl): Leonce-und-Lena-Preis (2001), Aufenthaltsstipendium der Villa Aurora, Los Angeles (2003), Übersetzerstipendium des LCB (2005).
23.30. Eben aus der Redaktion gefallen. Hinterm Halleschen Tor geht’s weiter. Sehr warm ists jetzt nicht mehr, dafür sehr dunkel, weswegen man die Muster auf dem Busgestühl nicht sieht. Das könnte einen immerhin aufheitern. Sone Driss, wie der Kölner so schimpft.
Hab jetzt den US doch als Buch dabei. Und es ist merkwürdig. Geht anscheinend jedem anders, wann er in den Sog dieses die Fantasie marodierenden Ziegelsteins gerät. Ich brauch anscheinend beim Lesen erst einmal einen halbwegs sicheren Boden unter den Füßen, ein voraussehbares Netz, eine grobe Richtung, irgendwas. Jetzt wächst die Landkarte vom US von den Rändern her allmählich zu. Und ich fühl mich ständig pudelwohler. Ist nun auch schon ein gutes Viertel geschafft. Nicht, dass ich es bedauert hätte. Aber selten hat mich ein Buch derart oft aus sich herausgeschleudert. Und anschließend gleich wieder angezogen.
Joelle sieht Helikopter am nächtlichen Himmel, der ungefähr so aussehen muss wie das, was da gerade rechts oben am Bus vorbeihuscht. Die Suchscheinwerfer wie „fette Finger blauen Lichts am Himmel auf der Suche“. Und schwuppdiwupp sind wir wieder in Enfield /Massachussetts. Und DFW zeichnet die ziemlich körperähnlich wirkende Welt dieser komischen Gemeinde – wie einen Sims-Hintergrund, in den die Simse der Incandenza-Saga nur einziehen brauche.
Schwuppdiwupp. Das Telefon klingelt. Nicht meins, das wäre gar nicht gut, die Leute sehen mich, der ich hier mit weißem Ziegelstein bewaffnet herumhocke, ohnehin seltsam an. Bei Hal klingelts. Orin ist dran. Und diesen Dialog (S. 349 bis 371) ist ein Höhepunkt für Höhepunktler. Über Nagelknipsen, Aberglauben, rollstuhlfahrende Verschwörer und den Tod von Ihm Selbst, dem Storch, el storko, der er sich (an einem 1. April) umbrachte, indem er seinen Kopf in eine präparierte Mikrowelle legte – Jim Incandenza. Und was Hallie, der Sohn, der ihn fand (besser: was von ihm übrig war), in der Trauertherapie mit einem Albtraum von Therapeuten: knubbelige graue Zähne, synklinale Augenbrauen, Niesreste im Bart, ein Gesicht wie ein hypertonischer Mond. Das ist alles so großartig, dass mans am liebsten laut vorlesen möchte. Das lass ich hier allerdings lieber. Hoffe auf Köln oder Berlin. Mit Harald Schmidt als Hal. Das würde sogar vom Namen… Ach was.
Großraum. 11 Uhr. Lauwarmer Gehtsokaffee. Paul Hilliers Ars-Nova-Ensemble singt Tavener und Tudor-Music. Muss mich musikalisch auf Joelles erwartbares Ableben vorbereiten. Aber was ist das denn. Die Shortlist muss eine List sein. Eine Anti-Listen-Liste. Entweder ich lese jetzt schon überall DFW oder Joelle van Dyne hat denen was von den Krümeln abgegeben, die sie immer raucht. Andererseits: Man möchte sich die Damen und Herren nicht wirklich bekifft vorstellen. Kann man auch nicht. Das ist tatsächlich deren Ernst. Das einzige, was man tatsächlich sagen kann: Erwartbar ist anders. Aber sonst… Muss noch mal drüber schlafen.
Lassen wir das. Zurück zu Joelle van Dyne. Die ist ihrem Sterntaumelgang durch die Stadt und die letzte Party ihres Lebens jetzt in Molly Notkins Schlafzimmer angekommen. Dann im Badezimmer. Und auf einem Höhepunkt, wenn nicht dem Höhepunkt des Romans. Wie DFW hier herumschweift, von der geradezu quälend minutiös erzählten Vorbereitung zum finalen Inhalieren durch die Vergangenheit, durch das immer mehr sich verengende, auf den letzten Rausch zuspitzende Leben, die Räusche der JvD, das ist schon atemberaubend. Rauschhaft.
„Alles wird gut. Sie verdrängt all die erbärmlichen ,Das ist das Letzte, was ich riechen werde“-Gedankenschleifen.“ JvD, Madame Psychosis will sich Zuviel Spaß genehmigen. Das der Einlass in ihren Käfig war. Das große Geheimnis. Das große Symbol für die allumfassende Unterhaltung, die Sucht. Eine ziemlich erschütternde, irritierende Eloge auf die Wirkung von Crack, als Lieferant eines „inspirierten Orgasmus des Herzens“. Auf dessen Höhepunkt JvD Berninis „Verzückung der heiligen Theresa“ sieht. Wie DFW da von der Beschreibung der Plastik in der St. Maria della Vittoria von Rom ins Klo der Molly Notkins gleitet, ist grandios: „… die Beine der Heiligen in leichter Öffnung erstarrt, im Ausdruck des engels keine Barmherzigkeit, sondern das vollkommene Laster stachelspitzer Liebe. Der Stoff war nicht nur ihr einsperrender Gott, sondern auch ihr Liebhaber, teuflisch, engelhaft, aus Stein. Die Toilettenbrille ist hochgeklappt.“ Es wird einem geradezu schlecht, so unausweichlich treibt sie dem Zuviel Spaß entgegen. Erinnerungsblitze ans Kino mit Vatern, ihre Hand in seinem Schoß. „Unterhaltung ist blind.“ Keine Ahnung, wer hier erzählt. Ist ohnehin egal. Keine zwei Minuten mehr bis Zuviel Spaß. Die Herzexplosion kommt. Das Schönste Mädchen aller Zeiten (SCH.M.A.Z.) gleitet an der Wand herunter. Ich muss jetzt hier aufhören.
Ihr lieben Kiepenheuers – aufgepaßt:
Buch bitte nicht mehr schicken!
Ich stells mir einfach vor:
als ziemlich gut bis richtig gut.
So um die tausend Seiten.
Die Übersetzung makellos!
Und insgesamt Ereignis!
[wird fortgesetzt]
Ich hänge. Nachdem ich noch letzten Donnerstag voller Hymnen gewesen wäre, besonders was die wahnwitzige Fußnote 110 und die anschließende Beschreibung der unerhörten Physiognomie Marios betraf, habe ich heute mit Mühen das nächste Kapitel geschafft, bin seit Donnerstag einen halben Mond weitergekommen, habe nach drei Tagen Pause und zwei Tagen der Versuche es endlich geschafft, die öde und sinnlose Beschreibung des Eschatonspiels zu lesen, einer Art “Risiko” mit lebenden Figuren. Es gibt Züge, Handlungsteile, Zwangsphantasien, die es für mich nicht bräuchte in diesem wie gesagt zu umfangreichen Roman. Dazu gehört der ganze konspirative Separatisten- bzw. Terroristenquatsch rund um Quebec und den Rest Kanadas, da hilft auch die wie gesagt eigentlich sehr geile Fußnote 110 nicht, denn in ihrer Grundstruktur ist sie dann eben doch sehr durchschaubar. Dazu gehören infolgedessen auch die Terroristen in Rollstühlen; gute, lustige Idee, die bei Monty Python aber eben besser aufgehoben gewesen wäre und vermutlich genau für einen 5 bis 20 Minuten langen Sketch gereicht hätte. Dazu gehört auch der hier oft gerühmte Humor, den ich entweder nicht verstehe, oder so witzig gar nicht finde; mich nerven diverse Gags wie beispielsweise der der Sponsorenjahre auf Dauer eher. Dazu gehört die Hälfte der Drogenerörterungen, besonders wenn sie ins verstiegen Spezialistische gehen, die andere Hälfte ist interessant genug; und dazu gehört die umfangreiche Filmografie Seiner Selbst. Was wegen mir vollauf gereicht hätte: Die Geschichte eben dieser Familie Incandenza, die von Hal, die von Orin, die von James; die Geschichte der Madame Psychosis alias Joelle, die Geschichte der Tennisakademie und seiner Insassen, die Geschichte der Entzugsklinik. Die Lebensgeschichte von Orin plus anschließender Liebesgeschichte mit Joelle: sehr großes Tennis. Mme Psychosis auf dem Weg zum Selbstmord: fantastisch, ich warte noch auf die Auserzählung. Hal & Co. bestaunen die Superdroge DMZ und schicken sich an, sie auszutesten: Wo bleibt die Beschreibung, her damit. Was wäre das für ein Buch geworden ohne seine ganzen spinnerten Nerdismen! Denke ich jetzt. Und verliere an Lesetempo. Aber wie ich sehe, habe ich ja noch Vorsprung. (Stand: S. 494)
Willkommen in Ken Keseys buntem Bus durch Neukölln. Auf den schreibekifftbunten Buspolstern von gestern unterwegs ans Wasser. Wieder in blau. Wunderknabe Daniel Fray gleitet wie auf Skiern durch Bachs Klavierkonzerte. Noch ein Tag bis zur Shortlist. Kanns gar nicht abwarten. Endlich zurück bei Joelle van Dyne im Käfig ihres Ich.
Hier schießen auf einmal die Fäden zusammen und durcheinander. Joelle van Dyne hat vor der Kamera von Jim Incandenza gestanden, dem berühmten Filmregisseur. Er lieferte den Käfig (s. erste Fußnotenlesung von Wochen). Am Spaß sind sie zugrundegegangen. An zuviel Spaß. Einem Film. Seinem letzten Film (der hieß doch aber laut Filmografie „Unendlicher Spaß“, muss daheim im Buch nachsehen). Er hat sich umgebracht über den Endarbeiten. Sie muss die Machtlosigkeit gegenüber dem Käfig eingestehen. Und kommt von der Droge nicht los.
Hier ist DFW dann wieder ein Zettel hineingeraten vom Materialstapel. Aber der erklärt erstens, dass sich hinter O. N. A. N. nicht etwa ein kanadischer Club der Masturbationsfreunde verbirgt. Sondern die „Organization of North American Nations“. Vor allem listet er die zur Steigerung des Steueraufkommens verhökerten Jahre auf vom Jahr des Whoppers (Jahr 1) bis zum Jahr des Glad-Müllsacks (Jahr 9).
Joelle, crackundallesmöglichesüchtig und extremsuizidal, war Muse von Jim Incandenza (den sie bei sich, wenn sie bei sich war, Unendlicher Jim (!) nannte) und Orin Incandenzas Geliebte und sie ist Madame Psychosis! Sie stolpert einer Party entgegen auf klockernden Cloggs, über so hübsche DFW-Erfindungen wie „Die Liga der Absolut Rüde Verunstalteten“ (anno „1940 v. Sz in London, Großbritannien, von der schielenden, hasenschartigen und wüst karbunkulierten Frau“ eines jungen britischen Parlamentariers gegründet) und einer eher seltsamen Liste mit dem „angeblichen Curriculum vitae“ der Hellen P. Steeply (war das die Transe aus der Wüste?), 36 Jahre alt, 1,93 groß und 104 Kilo schwer. Noch mehr Aufklärung: Jim Incandenza hat sein gigantisches Opus magnum für so gefährlich gehalten, dass er sagte, er habe es wegsperren müssen. Womit wir bei der gefährlichen Filmpatrone wären, die vor gefühlt auch schon fünf Wochen in diesem Roman etlichen Menschen den Verstand und vielleicht das Leben gekostet hat. Die Party liest sich als hätten an ihrer Ausarbeitung David Lynch und Stanley Kubrick und ein paar schlechte Drogen mitgewirkt. Joelle trägt auf ihrer „Allerletzten Party“ Schleier (hoffentlich nicht, weil ich hier durch Neukölln rolle), eine Frau ist wahnsinnig stolz auf ihre Brüste. Und das Schlimmste zum Schluss: auch im O.N.A.N.-Zeitalter wird auf Intellektuellen-Partys nur breiter Quark gequakt. Gott, graut mir wieder vor der Buchmesse.
Liebe KollegInnen, liebe Menschen draußen an den Apparaten,
dies hier nur als ein Lebenszeichen. Ich hätte gerne mehr zu bieten – allein: das Buch hat mich noch nicht erreicht! Ist aber avisiert.
Da wird dann einiges nachzuholen sein, einiges wird da nachzuholen sein …
Ulf Stolterfoht, geboren 1963, studierte Germanistik und Allgemeine Sprachwissenschaft. Er ist Verfasser sprachkritischer Lyrik und Essays, zuletzt veröffentliche er das Langgedicht Holzrauch über Heslach (Urs Engeler Editor, 2007). 2008 war er Gastprofessor am Deutschen Literaturinstitut Leipzig, 2009 hält er die Poetikdozentur am Institut für Literarisches Schreiben und Literaturwissenschaft an der Universität Hildesheim. Gerade erscheint bei Urs Engeler Editor sein neues Buch fachsprachen XXVIII-XXXVI.
18.55 Uhr. Beethoven (7., Bernard Haitink). Im Bus durch Neukölln. Soll ja jetzt in sein, das Viertel. Hat Steffen Kopetzky gesagt. Der hat immer noch eine Wohnung hier. Und überall, erzählt er, selbst an den finstersten Ecken, stehen Leute bis auf die Straße, wenns wieder was zu vermieten gibt. Kann man sich kaum vorstellen. Hoffentlich bleibt das von einem vollgedröhnten Stoffdesigner gestaltete Ding nicht liegen (hab ich schon mal erwähnt, dass der ÖPNV derzeit eine Katastrophe von Londoner Ausmaß ist? Wird wohl so bleiben, bis US zu Ende geht).
Könnte jetzt über Beethoven erzählen. Der merkwürdig perfekt den Rhythmus der Straße und der vorbeirauschenden Fassaden liefert. Und einen schönen Gegensatz zum gegenwärtigen US-Durchhänger mit neuen Geschichten aus dem Drogenalltag der E. T. A. Darf ich sagen, dass Michael Pemulis, der Chefdrogenanschlepper unserer Tennisburschen, mir durchaus auf die Nerven geht? Soviel wollte ich über Drogen gar nicht wissen, die es teilweise möglicherweise noch gar nicht gibt (die Zeit, nachzuschlagen, was es mit Hybriden der Methoxy-Klasse oder Fitviavi-Verbindungen auf sich hat, hab ich nicht). Aber wie wir wissen, sind die Niederungen in diesem Roman zwar vielfältig, aber immer endlich.
Interessant immerhin die Vorstellung einer Hardcore-Pornopatrone, die mit fünffacher Geschwindigkeit abgespielt wird, „was an durchgeknallte Nager erinnerte“.
Man kann sich doch auf DFW verlassen. Und das fängt mit einem Satz an wie „Auf manchen Partys ist man, ohne richtig da zu sein.“ Joelle Van Dayne (hatten wir die schon. Oh Gott, ich hab den Überblick verloren, hätte KiWi kein Personenregister beisteuern können? Oder so ein schickes Diagramm, was ollen russsichen Familienromanen immer gern beigegeben wird). Joelle van Dyne ist am Ende einer Fete, ihrer Fete, der Fete ihres Lebens. Und dann reißt es einem wieder die Füße weg. „Zu den bösartigen Mythen zählt die Ansicht, die Menschen würden stets euphorisch, großzügig und extrovertiert, unmittelbar bevor sie sich auf Dauer die Karte umdekorieren. In Wahrheit sind die Stunden vor einem Suizid im Großen und Ganzen eine Zeitspanne enormer Selbstbezogenheit und Egomanie.“ Der Spaß ist vorbei, mündet in einen finsterflanierenden Drogenalbtraum. Eingefangen in sich selbst. Der Ausgang des Käfigs sind seine Stangen. Jetzt würde ich doch gern die 16-Seiten-Grenze auflösen, den Käfig verlassen. Morgen geht’s weiter. Auf der Rückfahrt, auf diesen schreibekifft bunten Buspolstern.
Es gehört nicht wirklich hierher, – aber nach einer weiteren (und noch in dieser Woche anstehenden nächsten) Reise, inmitten der Vorbereitungen auf zwei Tagungen und, last but not least, der Arbeit an meinem nächsten Roman, die mich derzeit (abgesehen von DFW) fünf Bücher gleichzeitig lesen läßt, wurde mir klar, daß ich diesem Projekt hier nicht die nötige Aufmerksamkeit widmen kann. Deswegen steige ich – ohne jeden Argwohn – aus und wünsche allen Beteiligten weiterhin infinite jest.
Ich bin gestern auf Seite 315 angekommen, also gerade noch so im Soll, und der Haupteindruck/die Hauptfrage ist: Ich befinde ich immer noch in der Exposition des Romans (1). / Befinde ich mich immer noch in der Exposition des Romans?
Es gibt bisher keinerlei Handlung (2), null Plot, nicht die geringste Spur (vielleicht deutet sich ab Seite 311 ja einer an, wo es um die Planungen von Pemulis, Hal etc. zum Einschmeißen dieses historischen Super-Halluzinogens geht? Oder wird es nie einen Plot geben? (3))
Aber das Umfeld bekommt allmählich Konturen (Phylogenese/Ontogenese):
Zum Gebäude der E.T.A. (in der architektonischen Form eines Valentinsherzens) gesellt sich die Ruine der ehemaligen Reha der US Marines mit ihren sieben Nebengebäuden (Monden), darunter das Ennet House als Entzugs-WG. Hier kriegt Pemulis die Drogen für die E.T.A.Studenten, als eine Art Kurier/Hermes zwischen den zwei geschlossenen Welten.
Außerdem bekommen wir die Familiengeschichte der Incandenzas (männliche Linie) bis zum Urgroßvater hinunter geliefert: die Koppelung von Geschäfts- und Sportwelt (Körper als Maschine) in der Großvatergeneration (Kapitel über 1960 v.SZ, S.224)
Das Ganze wird flankiert von Medienrealitäten (Teleputer versus die subversive Camp-Radiosendung von Madame Psychosis mit der Aufzählung all der Kranken/Exkludierten)) und Mediengeschichte (Hal Incandenzas Aufsatz über Polizeifilm-Geschichte, vom reagierenden ( 60er) über den reagierenden (80er, postmodern) zum nicht-agierenden Kommissar der Zukunft.
Einerseits totalitäre Bewusstseinskontrolle/Bewusstseinserziehung, andererseits Ausbrüche (Drogen, Betrug bei den Urinproben).
Ich bin gespannt, ob bald mal irgendwas passiert.
(1) Vielleicht ist das ein Grund für das Ermüdende, warum die Prosa nicht packt, nicht mitnimmt, Alban Nikolai Herbst? (Ich gestehe (ein einziges Mal, hier unten, in einer Fußnote), daß ich mich aus demselben Grund auch oft zwingen muß weiterzulesen. Aber ich will mich dazu eigentlich nicht äußern, zumindest nicht, solange ich das Buch nicht zu Ende gelesen habe, und auch danach vermutlich nicht. (Erstens will ich nicht die Kritikerposition einnehmen, zweitens schätze ich DFW viel zu sehr aus vielen anderen Texten, um schon beim Lesen den Geschmack in den Vordergrund zu rücken. Für mich ist Literatur außer Unterhaltung auch ein Erkenntnismedium. Beides. Mir geht es hier vor allem um letzteres.)
(2) Es gibt so ein statisches Element, das mich in den Erzählbänden von DFW immer begeistert, z.B. in der Geschichte von dem Jungen, der zum ersten Mal vom Sprungbrett springt, Stillstand der Zeit, Aufhebung der Handlung. Ein Innehalten, Innewerden in dieser allgemeinen Plotmaschine. Ein Grund, warum ich hier mitmachen wollte (um an einen frühen Beitrag von Thomas von Steinäcker anzuknüpfen), war, daß dieser Autor, in meinen Augen und in dem, was ich bisher alles von ihm gelesen habe) einige sehr eigene neue Formen entwickelt hat, um der Gegenwart literarisch beizukommen. Das ist selten genug geworden. Auch wenn immer wieder die unüberschaubare Vielfalt (also Beliebigkeit) in der Literatur beschworen wird, die sich nicht ordnen und bewerten lasse, glaube ich nach wie vor, daß unter dieser Oberfläche eine literaturhistorische Entwicklung stattfindet. Und sie wäre auch zu erkennen. Der sich ändernden Welt/Gesellschaft entsprechen sich ändernde Ästhetiken. Das vor allem interessiert mich (im Gegensatz zum „Zeitgeist“) an der Gegenwartsliteratur. Deshalb DFW (und ich hoffe, es gelingt mir, auf diese ästhetischen Grundfragen hier gelegentlich zurückkommen zu können).
(3) Gut möglich, daß bestimmte Plot-Elemente tatsächlich sehr amerikanisch sind, daß ich sie deshalb nicht sehe/verstehe. Z.B. der Anfang, das Vorstellungsgespräch an der University. Vorgestern hat mir jemand erzählt, daß es an US-Unis tatsächlich so sei, daß Supersportler von Universitäten eingekauft und – wie dumm sie auch immer sein mögen – durchs Studium geschleust werden, damit die Unis auf ihre Promi-Studententafeln ein neuen Namen prägen lassen können. Genauer gesagt, soll es das Normale sein, daß diese Supersportler dumm wie Stroh sind. Erst da ging mir auf, warum diese Uni-Leute auf den gleichzeitig superintelligenten Hal so reagieren wie sie reagieren. Warum sie nur Geräusche hören. Warum Intelligenz hier ein Skandal ist.
1996 erschien »Infinite Jest« in den USA und machte David Foster Wallace über Nacht zum Superstar der Literaturszene. Vor einem Jahr nahm sich David Foster Wallace das Leben. Sechs Jahre lang hat Ulrich Blumenbach an der Übersetzung von Wallaces Opus magnum gearbeitet, dem größten Übersetzungsprojekt in der Geschichte des Verlags Kiepenheuer & Witsch.
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