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28. November
2.50. Auf einer Welle von Adrenalin am Wasser. Gerade noch die Westerwelles gesehen und die Röttgens. Sogar den Arbeitgeberpräsidenten gibt’s tatsächlich. Ist doch ziemlich klein. Hab ich da eben tatsächlich eine umfangreiche Dame im großen Roten derart ihre Glieder schlenkern sehen, dass keiner vorbei kommt. Und BAP, die furchtbar vor den Menschen in den Smokings. BiFüs, die ihre Arme so hoch werfen, wie es ihre zu engen Smokings zulassen, als sie „Verdamp lang her“ spielen. Interessant, was die Realität hergibt.
Gately träumt sich weiter durch sein Leben und einen Plot, der einen B-Coen-Streifen abgäbe, aber wer will das schon drehen. Es wird immer enger. Und Gately lässt sich immer tiefer in das Dilaudid seines Kumpels Fax Fackelmann fallen. Getreu dem gerade selbst entdeckten Motto: „Grundsätzlich bewältigte jeder Drogensüchtige seine Probleme, indem er sie mithilfe der guten alten Droge ausblendete.“ Der Drogensüchtige, geht die Entdeckung weiter, ist „im Grunde ein feiges und jämmerliches Wesen, ein Wesen, das sich prinzipiell versteckt“. Und schön ist es in seinem Versteck nun wirklich nicht. Wir dürfen dank DFW hineinschleichen. Fax und Gunny knallen sich so zu, dass kein Boden trocken bleibt dank ihrer doppelseitigen Inkontinenz. Und Gunny erinnert sich dessen in einer Klarheit, dass einem schlecht wird. Drogen sind eine ganz beschissene Idee. „Sein Fieber ist weit schlimmer, und die kleinen Traumfetzen haben etwas Kubistisches.“ Gunnys Geist löst sich auf. DFW hat verdamp lang Anlauf genommen, um hierher hoch zu klettern. Tolles Finale.
Joelle taucht wieder auf und läuft Steeply in die Arme. Der/die will sie warnen, sie sei in irrsinniger Gefahr. Kennt sie schon, ist sie längst.
Die beiden Drugster drücken weiter. Eine finale Spritztour. Nicht zu retten. Sie sabbern Schokolade, weil sie bloß noch Erdnuss-M&Ms einwerfen. Sie nässen vorne, sie nässen hinten. Sie eiern herum wie Kleinkinder, deren Eltern vor drei Wochen das Weite gesucht haben. „Der Boden wich aus und schnellte zu ihm hoch.“ Das ist eigentlich zu viel für viertel vor drei. DFW hat ein Einsehen und schickt zur Entspannung ein Interview dazwischen. Ein Incandenza-Filius wird befragt. Die Masterbänder (sagt man bei Patronen noch so?) sind im Grab des großen Storchs. Und dann rettet sich der Incandenza – Orin, es muss Orin sein – in Ironie. Sei ein Witz gewesen mit dem Spaß, mit der vollkommenen Unterhaltung, ein schlitzohriger Seitenhieb. Wollen wir ja gern glauben, dazu sind aber ein bisschen zu viele Leute an dem Witz gestorben.
So schlechte Witze kriegt noch nicht mal Mario Barth hin. Und der kriegt ganz schreckliche Witze hin. Der ist sogar potenziell tödlich. Der unendliche Spaß.
In der E.T. A. ist noch immer kein Rolli angekommen. Dafür wurde Ortho „der Schatten“ Stice, nachdem man ihn am Frostfenster Vorderkopfskalpiert hat, in eine Mumie verwandelt. Und sein Bett hängt unter der Decke. Wie das kommt? Keine Ahnung.
Werden wir das jäh erfahren? Viel Zeit bleibt nicht mehr. Gute Nacht.
29. November
22.15. Köln-Konzert von Keith Jarrett (ich muss es mir noch mal so richtig geben). Reste vom GanzgutBarolo von gestern. Komm über die dicke Dame nicht weg. Und die HansOlafHenkelTwins. Und die Merkwürdigkeit, dass eine seltsame DIE-Zeitungshalbschönheit ausgerechnet mit diesem Schlimm-Halbseid von der Linken herumläuft, wie heißt er noch gleich? Nicht Barth, das ist der schlimme Witze macht. Habs gleich. Bartsch. Genau.
Ewige Welträtsel. Muss ein ziemlich besoffener Amor gewesen sein. Apropos Welträtsel. Ob wir hier noch wenigstens ein paar dieser Myriarden von losen Fäden verknotet kriegen, bezweifel ich immer stärker. Jetzt geht’s wieder in die Filmtheorie. Ein schlechter Schauspieler tritt auf, der deswegen schlecht sein muss, damit man beim Zuschauen der Filme Seiner Selbst nicht vom theoretischen Skelett abgelenkt wird. Hat keine Zuschauer. So ist das eben. Deswegen wendet SS sich vom Antikonfuentialismus ab, das müsste man auch mal nachschlagen, wenn man Zeit hat. Der schlechte Schauspieler feierte übrigens seinen größten Erfolg als Tanzdrüse in Spots für eine Kette von Endokrinologiekliniken. Er hat ein knollenförmiges weißes Kostümchen an. Und tritt als Vorher- oder Nachherdrüse auf. Schade eigentlich, dass so etwas bei uns nicht möglich ist. Wär im Kino ein Brüller. Wir erfahren den ziemlich splatterigen Plott von „Komplizen!“, in dem ein Kondom des Grauens, ein Rasiermesser eine Rolle spielen und ein schwuler Akt in einem See aus Blut ertrinkt, aus dem dann schließlich einer minutenlang Mörder schreit. Die Leute denken in Sprechblasen, was metafiktiv sein soll und wahnsinnig unterhaltsam. Hamwajelacht. War SS ein Genie oder bloß ein gottverdammtbeschissener Cutter? Wir wissen es nicht. Jedenfalls erntet das Werk des großen Storchen beinahe so viele Doktorarbeiten wie das seines Erfinders. Und der macht sich über die wissenschaftliche Anstrengerei ordentlich lustig. Eine Dame erhält eine Festanstellung an einer Uni für einen Essay, in dem sie die Sinn-vs.-Unsinn-Debatte entlarvt. Sie zeige „die zentralen Mysteria der millenialen Apresgardisten, die sich in der Teleputer-Ära ausschließlich privater Unterhaltungen meist um die Frage drehten, warum so viele ästhetisch ehrgeizige Filme so langweilig waren und warum so viele beschissen reduktive kommerzielle Unterhaltungen so viel Spaß machten“. Tja.
An der E. T. A. schneits weiter. Mir fällt die Winterreise ein. Fremd bin ich eingezogen, fremd zieh ich wieder aus. Das geht mir wahrscheinlich mit dem Spaß auch so. Momente wieder: Ein Mann im Schnee, auf der Straße, am Auto , „hatte das unheimlich geschäftige Gesicht eines Menschen, der Glasssplitter von der Straße sammelt, nachdem seine Frau bei einem Verkehrsunfall geköpft und von der Lenksäule aufgespießt worden ist“. Er muss immer eines drauf geben. Geköpft und aufgespiest. Unmaß ist der Welten Lohn. Oder: Wintersportarten laufen darauf hinaus, niederzuknien und Verletzungen zu erflehen. Sport ist Mord. Wir erleben den 98er Blizzard mit, der auch ganz schön unmäßig war. Hals Fantasie metastasiert, während er bräsig auf dem Teppich liegt, durch die Wohnsitze der Familie, zu einem Teppich mit byzantinischem Knüpfwerk und versteckter Pornografie. Und zum Großen Storch, der auf meine alten Tage noch so etwas wie sympatisch wird. Hal wird vergesslich. An eine Kirche steht die heutige Losung für Medienberufe: „Leben ist wie Tennis, wer das Knie beugt, kommt weiter“. DFW wirft uns wieder einen Brocken Bildung hin, dass wir uns doof fühlen. Unter der Decke verlaufen guillochierte Zierleisten. Wenn der jetzt glaubt, ich schlag das nach, hat er sich geschnitten. Oder was Vollsprektrumlichtvouten sind. Oder wie eine unheimlich kyphotische Krümmung aussieht. Hal hält wg. der Schimmelesserei seiner Jugend den Ball flach. Ist das hier zielgerichtet oder wallewallet das nur so durchs Halsche Gedächtnis? Das Wallewalle endet bei einer zumindest angedachten Selbstverstümmelung und bei einer rührenden (rührend gemeinten) Szene mit Orin und dem großen Storch. Der ist eine Art Godfather of allesmögliche und rät Orin vom Genuss einer Pornokassette ab, was Hal den Schweiß des Neids auf die Stirne bringt. So hat SS nie mit ihm geredet. John Wayne schlendert herein und es wird enthüllt, dass er was mit den Moms hat.
Es wird ordentlich Sex nachgeholt. Noch 35 Seiten und kein einziger Rolli unterwegs. Was ist hier eigentlich los?
29. November
14.30. Die wahrscheinlich undysfunktionalste Familie im ganzen Haus (die heilige Familie der Bibel mal ausgenommen) schläft. SchwarzTeemitMilch. Zitronenkeks. Piwarm ist es. Und ich hab eine Sexszene unterschlagen. Die Sexszene (abgesehen von der Schwulsexperversaktion von eben). Die ein und einzige. John Wayne und die Moms. Sie lehnt sich an vier Kissen, halb sitzt sie also, halb liegt sie auf dem Rücken, und starrt reglos und blass nach oben. Wayne, schlank, mit braunen Gliedern und weichen Muskeln, liegt ebenfalls völlig reglos auf ihr, den ungebräunten Hintern in der Luft, das leere, schmale Gesicht zwischen ihren Brüsten, blinzelt nicht und hat wie eine betäubte Echse die Zunge rausgestreckt. So verharren sie.“ Das hat schon Größe als Bild.
Joelle kommt nach Hause. Mikey erzählt noch einmal die Geschichte vor den AAs, wie er seinen Sohn abholen will und seine WUT nicht in den Griff bekommt (zum zweiten oder dritten Mal?) Der größte Gately-Feind von allen, der stellvertretende Bezirksstaatsanwalt für den 4. Bezirk von Suffolk, will sich als therapeutischen Akt bei Gately entschuldigen. Er muss Wiedergutmachung üben. Er hat es immer fast geschafft, da bricht ihm der Hass aus allen Zungenknospen. Seine Frau putzt sich nach der Großreinlege mit den Zahnbürsten aus den Anussen (Ani?), die wir ganz am Anfang hatte, solange die Zähne bis sie blutrot sind. Er beschwichtigt, dann bricht sich der Hass, der HASS wieder Bahn. Er spricht sich mit dem Betroffenheitsgebet die Mundwinkel blutig. Es nutzt nix. Er will. Er kann nicht.
Noch 25 Seiten und nix ist geschürzt. Wette mit mir um eine Flasche Bordeaux, dass sich daran auch nichts mehr ändert. Bleibt eigentlich nur die Frage, hatten wir das eigentliche Finale schon, weil der Zettelkasten, der dieser so genannte Roman ist, auf dem Weg zum Verlag durcheinandergeraten ist, oder gibt es schlicht keins, weil das konventionelle Scheiße wäre.
Das Fundraising-Show-Fest der E. T. A. wird eröffnet. Die Damen sehen aus wie auf dem Presseball nur älter, sehr viel älter. Derweil machen sich die E. T. A.-Tisten warm. Das dauert. Wir kennen ja schon ziemlich viele. Das dauert, als hätte der unendliche Spaß noch unendlich Zeit. Hal macht den Kollegen Sorgen ob seiner schwarzwolkigen, am Boden liegenden Verfassung.
Einmal werden wir noch wach. Heißa dann ist US-Ende-Tag.
30. November
13.30. Dementor-Day im Großraum. GehtgarnichtKaffee. Man soll halt übermüdet keine Maschine bedienen, sonst ist man bedient. Schmeckt grauslig. Muss einen Zimtstern einwerfen, auch wenn ich demächst wie Garfield ausseh. Reine Geschmacksknospenhygiene.
Gott, sieht der Spaß mitgenommen aus. Fleckig. Der Rücken gerissen. Eselsohren. Zerfleddert. So wie der Spaß außen, sehen die etliche Autoren und ganz bestimmt Don „The Gunner“ Gately aus.
Soll ich mal eine Liste machen mit Figuren, die nicht ordentlich versorgt sind, mit Geschichten, die mitten in irgendwelchen Gängen stecken und nicht weiterkommen? Soviel Zeit hab ich heut nicht. Muss das hier schnell zu Ende bringen. Dementoralarm.
Statt endlich wieder mal einen Rollifahrer radebrechen zu hören, erfahren wir die religiös grundierte Geschichte des E. T. A.tistischen Cheftrainers Barry Loach und dessen, na?, genau dysfunktionalen, spirituell und auch sonst ziemlich seitwärtsabhängenden Familie. Ein Bruder fällt vom Glauben ab, der jüngere muss darob beinahe seine Tenniskarriere aufgeben, weil es einen Priester in der reichlich sockenschüssigen Familie halt geben muss. DFW verschwendet wieder Formulierungen wie andere Leute im Großraum ultraanstrengende Schnupfentröpfchen. To make a long and winding story short, Loach wird „durch eine verwickelte, aber herzerfreuende und glaubensreanimierende Verkettung von Zufällen“ Trainer bei der E. T. A.
Orin, jetzt wird wenigstens der Folterfaden der Rollifahrer wieder aufgenommen, wird auf eine magische Art unter einem gigantischen Zahnputzbecher gefoltert. Und Gately liegt mit einer Stirn so heiß alpträumend in der Traumaabteilung. So heiß, dass man ein Ei drauf aufschlagen könnte. Er kann sich unmöglich eine Welt ohne sich vorstellen. Kann ich mir schon. Muss aber nicht sein. Und schon ist er wieder im ollen Luxusappartement, das er und Freund Fackelmann beschissen und bepisst habe im Drogendrückerrausch. Eine ganze Bande schräger Schläger und Drogisten. Gatelys ständig besoffene Beischläferin Pamela Hoffman-Jeep wird zerschrotet hereingetragen, merkt die erst in zwei Tagen, wenn sie wieder halbwegs nüchtern ist. Es wird gesoffen, es wird gespritztgedrückt. Bobby C, der Anführer des Ruinkommandos, lässt, was ja schlimm genug wäre, Paul McCartney und die Wings laufen. Allerdings mit ohne die anderen Instrumente. Man hört nur das Tambourin und Mdme. Linda McCartneys glockenfalsche Stimme. Das ist die wahre Folter. Den schaurig trockenen und nüchternen Abstieg in die Drogenhölle begleitet von dieser Schrägschraubsopranistin. Ich würde auch alles gestehen. Nur brauch Gately nichts zu gestehen. Sieht eher nach einem Menschenversuch aus, wer kann mehr vertragen. Faxe Fackelmann ist auf jeden Fall der arme Arsch dieser Episode. Ihm werden die Augenlider unterhalb der Brauen mit der Haut vernäht. Brüllendes Geschrei. Die Schläger drücken Gately zu Lindas Gekreisch ganz was Feines in die Adern. Gately schmiert ab. Gately wacht auf. Am Strand. Friede seiner Seele. Friede dem Spaß. Aus. Vorbei.
1996 erschien »Infinite Jest« in den USA und machte David Foster Wallace über Nacht zum Superstar der Literaturszene. Vor einem Jahr nahm sich David Foster Wallace das Leben. Sechs Jahre lang hat Ulrich Blumenbach an der Übersetzung von Wallaces Opus magnum gearbeitet, dem größten Übersetzungsprojekt in der Geschichte des Verlags Kiepenheuer & Witsch.
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1 Kommentar zu Finale! 28. November ff.
Alfred Vail
4. Dezember, 2009 um 21:30
Eigentlich geht es hier gar nicht um Herrn Westerwelle und nicht um Herrn Barth und auch nicht um Herrn Krekeler.
Eigentlich geht es auf dieser Webpage um Das „Buch Undendlicher Spass“ von David Foster Wallace.
Ist nen gutes Buch.