$theTitle=wp_title(" - ", false); if($theTitle != "") { ?>
Dass momentan dieselben Leute, die Foster Wallaces erste Publikation in Deutschland in dieser dummdreist-hämischen SZ-Feuilletonart abgekanzelt haben, ihn nun im Nachhinein zum Messias hochjubeln, kann man natürlich ebenso ekelerregend finden wie die Art, in der dieses Buch und die Aufmerksamkeit drumherum gerade missbraucht werden, um sich eitel in diversen Abstrahleffekten zu sonnen.
Andererseits ist das Buch in jeder Hinsicht groß genug, um sich auch diese Formen der Rezeption im besten Sinn einzuverleiben; das alles ist im Wallace-Kosmos ja längst zu Ende gedacht, und ich will eigentlich sagen: kaputtgedacht, weil ich vermute, dass es ihm genau darum geht: Um die Zerschlagung des Unerträglichen in und mit der Sprache.
Diese manische, durchdrehende Akribie, mit der Foster Wallace seine Gegenstände umkreist, mit der er sich immer tiefer hineinschraubt in die Dinge, in Gedanken und Strukturen, ist für mich befeuert von dem Wunsch, zu durchdringen, zu verstehen, den ganzen Ballast wegzuräumen und den Blick freizubekommen auf das Wesentliche dahinter. In dieser grundsätzlichen Mechanik unterscheidet sich Infinite Jest nicht von seinen anderen Texten, Polyphonie und stilistische Bandbreite hin oder her, der Impuls im Zentrum ist derselbe, und um den zu begreifen, reicht schon eine beliebige Geschichte aus dem unglaublich guten „Oblivion“-Band.
Am Ende geht es immer um die Durchdringung der (medialen) Matrix, um das im Wortsinn Elementare dahinter: Also um die Frage der beiden jungen Fische in der dankenswerterweise weiter unten verlinkten Rede, die David Foster Wallace 2005 am Kenyon College gehalten hat.
„Morning boys, how’s the water?“, begrüßt sie ein entgegenkommender älterer Fisch. Die beiden sehen sich an und fragen verwirrt: „What the hell is water?“
1996 erschien »Infinite Jest« in den USA und machte David Foster Wallace über Nacht zum Superstar der Literaturszene. Vor einem Jahr nahm sich David Foster Wallace das Leben. Sechs Jahre lang hat Ulrich Blumenbach an der Übersetzung von Wallaces Opus magnum gearbeitet, dem größten Übersetzungsprojekt in der Geschichte des Verlags Kiepenheuer & Witsch.
Mehr zum Buch »
Termine zum Buch »
M | D | M | D | F | S | S |
---|---|---|---|---|---|---|
« Mrz | ||||||
1 | ||||||
2 | 3 | 4 | 5 | 6 | 7 | 8 |
9 | 10 | 11 | 12 | 13 | 14 | 15 |
16 | 17 | 18 | 19 | 20 | 21 | 22 |
23 | 24 | 25 | 26 | 27 | 28 | 29 |
30 | 31 |
3 Kommentare zu Das Wasser, in dem wir schwimmen
Gisela Trahms
30. August, 2009 um 14:28
Endlich mal ein Beitrag zur Sache, ohne Ich und mein Wein – Geplauder.
Das Schönheit erzeugende Kaputtdenken wird z.B. auf S. 119 explizit. Schtitt erläutert sein ästhetisches Credo:
„..; dass das Lokalisieren von Schönheit, Kunst, Magie, Vollendung und Wegen zu Rang und Sieg im weitschweifigen Fluss eines Tennisspiels keine fraktale Frage der Reduktion von Chaos auf Muster ist. Spürte intuitiv, dass es überhaupt keine Frage der Reduktion war, sondern vielmehr – perverserweise – eine der Expansion, des aleatorischen Flatterns unkontrollierten, metastasierenden Wucherns… mathematisch unkontrolliert, aber menschlich inkludiert, eingegrenzt von Talent und Imagination bei Ich und Gegner, auf sich selbst zurückgekrümmt…“ (S.119)
Schtitts Worte beziehen sich auf Tennis, aber seine Ausführungen können auch als Feier des gekrümmten Universums „Roman“ gelesen werden, als Selbstreflexion. Damit öffnet sich eine Tür. Während uns bislang vor allem das „Drin-Sein“ in düsteren, wenn auch oft komischen Formen begegnete, sehen wir nun, dass wir als Leser in einen Wucherungsprozess eingebettet sind, dass wir „flattern“ von hier nach da nach dort und dass dies „perverserweise“ Teilhabe an „Schönheit, Kunst, Magie“ bedeutet, also endlich, trotz all der geschlossenen Systeme, die wir auch jetzt nicht verlassen können: freies Atmen, wenigstens zeitweise… Und deshalb lesen wir ja.
Georg Klein
31. August, 2009 um 21:30
Lieber Stefan Beuse,
liebe Gisela Trahms,
herzlichen Dank! Genau so könnte dieser Ort Sinn stiften:
Knappe Stellungnahmen zur Sache, die Fragen aufwerfen oder auf Fragliches antworten …
„Freies Atmen“ eben anstelle „geschlossener Systeme“ …
Markus Breitenstein
7. September, 2009 um 11:11
Stimmt alles – danke! Hab gerade nebenan bei Wortpong einen ebenfalls interessanten Beitrag gelesen, der auch auf diese Seite hier und Herrn Beuse verweist:
http://wortpong.wordpress.com/2009/09/07/der-mann-der-argwohnte-er-sei-aus-glas/
Gruß
MB