$theTitle=wp_title(" - ", false); if($theTitle != "") { ?>
12.45. Großraum. Gehtsokaffeemitvielmilch. Reichlich Schokolade. Endlich sind wir wieder in der Wüste und bei Rémy Marathe und Transe-Steeply im politsch-philosophischen Infight. Keine Musik. Gleich kommt der Nobelpreis. Wenn nicht gerade ein Wunder geschieht und Denis Johnson endlich auch in Schweden gelesen wurde, bin ich halbwegs raus. Muss nur Texte anschleppen.
Das hat entschieden was von Beckett. Und wahrscheinlich muss ich das heute abend noch einmal lesen. Seit Tagen müssen sie da in der Wüste stehen. Der Rollstuhlmann mit der Frau im Koma und der in makabrer Verkleidung um ihn herum streunende und argumentierende gigantische Agent. Das sind meine absoluten Lieblinge. Finster ist das auch und leer und apokalyptisch. Die Agenten sind auch nicht zu beneiden in dieser Fastbeinahezukunftvongestern. Müssen sich für ihre Rollen verkrüppeln. Man stelle sich vor: James Bond in zu engen Highheels und Bondageartigen Strapsen unterkühlt in der Wüste. Und dann auch noch mit einem geistig überlegenen, sprachlich höchst seltsamen Abkömmling der Assassins des Fauteuil Rollents um Kopf und Kragen diskutieren.
Noch eine Minute bis zum Nobelpreis. Der Lärmpegel steigt. Wäre jetzt gern in der Wüste: „Die leere Weite, der sie beide sich auf dem Felsvorsprung gegenübersahen, schluckte jede Resonanz, jedes Geräusch klang eingekapselt und jede Äußerung tonlos leise und irgendwie übertrieben intim, fast postkoital.“ Ach, könnte man nicht den Nobelpreis posthum?
Zu spät. Er geht an Herta Müller. Wieder kein Amerikaner. Wieder nicht Philip Roth. Wird sich der Alte wieder ärgern. Wieder Hanser. Literaturpreis ist, alter Scherz von mir, wenn 100 Verlage um eine Auszeichnung antreten, und Hanser gewinnt immer (danke Gary Lineker).
Muss jetzt Texte organisieren. Am Porträt sitzt Wiechner gottseidank seit gestern. Es wird wieder geschrien, drei Zeitungen streiten um Texte. Vernetztes Denken? Pfeifendeckel. Egal wird schon. Was machen die beiden Mädels hier? Wann Herta Müller am Bahnhof ankommt? Ja, keine Ahnung. Die ist doch unterwegs von Stuttgart hierher, hätte ich gesagt, hab ich gesagt, aber ich weiß doch nicht wie. Vielleicht fährt sie Rad. Und noch einer. Wenn ich ein Interview mache, soll ich feißtuhfeiß ein Video davon drehen, drückt mir ein Flip in die Tischplatte.
Ich werde hier auch noch zum Rollstuhlattentäter. ICH WILL IN DIE WÜSTE. Die streiten sich gerade, ob sie für irgendwas streiten. Noch Ziele haben. Ob es überhaupt noch Ziele gibt in der Unübersichtlichkeit. Terrorismus im Zeitalter der verlorengegangenen Maßstäbe. Unterhaltung allein reicht nicht.
Jetzt geb ichs auf. Die Mädels vom Bahnhof sind wieder da. Können ja nichts dafür. Ich bin hier doch nur der Textneger. Und meine Kristallkugel streikt leider, sodass ich nicht sehen kann, wo Frau Müller gerade herumfährt. Bis morgen. Heute abend bin ich garantiert hirntot, im Koma.
1996 erschien »Infinite Jest« in den USA und machte David Foster Wallace über Nacht zum Superstar der Literaturszene. Vor einem Jahr nahm sich David Foster Wallace das Leben. Sechs Jahre lang hat Ulrich Blumenbach an der Übersetzung von Wallaces Opus magnum gearbeitet, dem größten Übersetzungsprojekt in der Geschichte des Verlags Kiepenheuer & Witsch.
Mehr zum Buch »
Termine zum Buch »
M | D | M | D | F | S | S |
---|---|---|---|---|---|---|
« Mrz | ||||||
1 | ||||||
2 | 3 | 4 | 5 | 6 | 7 | 8 |
9 | 10 | 11 | 12 | 13 | 14 | 15 |
16 | 17 | 18 | 19 | 20 | 21 | 22 |
23 | 24 | 25 | 26 | 27 | 28 | 29 |
30 | 31 |
3 Kommentare zu 8. Oktober
Guido Graf
11. Oktober, 2009 um 16:58
Unterhaltung: hier gibt’s den Soundtrack: http://www.entertainmentforthebraindead.com/
Stephan Bender
11. Oktober, 2009 um 22:13
@ Guido Graf:
Sehr schön, doch das ist nur die minimalistische Variante: Ich bevorzuge komplexe, einander widersprechende Aussagen zum Thema “Unterhaltung”.
Entzückend!
Aléa Torik
12. Oktober, 2009 um 08:54
@ Stephan Bender/Guido Graf
Der Link von Guido Graf war doch nicht minimalistisch. Die minimalistische Variante der Unterhaltung findet sich unten. Aber Vorsicht! Die ist nicht einfach zu meistern. Nur wer psychisch einigermaßen auf beiden Beinen steht, sollte den Link anklicken. Gesundheitliche Schädigungen aller Art sind nicht ausgeschlossen. Und wenn man einmal hingeschaut hat, dann ist es zu spät. Dann will man nur noch eins: immer weiter gucken. Also bitte erst überlegen, ob man das wirklich sehen will, dann das Testament überfliegen und dann … gute Reise!
http://www.alleinr.de/