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22.30. Wieder am Wasser. Schuberts letztes Streichquartett. Durchschnittlicher deutscher Rotwein von der Farbe blutunterlaufener Alkoholikeraugen. Traurig hält draußen eine rote Kinderkarre im Laub seine schniefende Nase Richtung Sonnenaufgang. Hoffentlich kommt jetzt was Lustiges. Wenn weiter geprügelt wird, mach ich die Tür auf und geh eine tödliche Runde schwimmen dahinten.
Eine Liste. Technisches Zeug, das DFW nur erfunden hat, um Ulrich Blumenbach zu quälen. Die Arbeit der Zukunft, die halt leider einen leichten Bart hat. Ein Essay über das Fernsehen der Zukunft, das maßgeschneiderte, private. „Eine haltlose, raumlose Welt privaten Schauens. Ein neues tausendjähriges Reich unter Gentle und Lace-Forché.“ Alle wollen alles sehen überall jederzeit, alle können auch überall und jederzeit dabei sein. Da sind wir tatsächlich. Und es regt keinen mehr auf. Insofern tut DFWs gar nicht so unterschwellige Entrüstung ganz gut. So nostalgisch sie einem fast vorkommt. Es kommt zum Metro-Bostoner Teichleeren. Was ein ganz seltsames Schauspiel sein muss. Madame Psychosis wird wieder vermisst. Und es gibt einen fiesen Angriff eines maskierten Rollstuhlfahrers, der wie eine Pistensau auf Skiern einen Hang hinunterstocht und einen Techniker auf die – naja – Hörner nimmt, alles überrollend, was ihm im Weg liegt.
Ein eher traumatesques Teil, das. Nicht lustig. Jetzt wird’s konkreter. Jetzt geht’s ums Essen. 133 Jungs und Mädels in DFWs Hogwarts. So ist es halt in Internaten. Wer pubertäres Großraumessen noch nie mitmachen durfte, der muss das lesen. So isses. Wer schon, wird sich leicht langweilen. Eine Reportasche aus dem Innern der E. T. A. Zauberschule nur ohne Gespenster. Bisher jedenfalls. Mastikationen, wohin man liest (M.: vulgo Kauen). Held des großen Fressens ist Ortho „Der Schatten“ Stice. Weswegen ein neues Kapitel dieses Katalogs der familiären Dysfunktionalitäten aufgeschlagen wird. Schwarzbuch Familie. Nachschlagewerk für alle angehenden Jugendamtsbeamten. Nebenbei entspinnt sich eine Diskussion über Milchprodukte (bei uns wurde immer befürchtet, sie täten uns Hormonabschweller ins Brot). Die Milch kommt aus „ovaloiden Mammärbeuteln“. Bei uns wurde sie in Minitretapaks zu schwindelnden Ablösesummen verhökert. Die lezithinhaltige Schokoladenmagermilch kenn ich aber auch. Schmeckt wie Magermilch, in der man brauen Buntstifte aufgelöst hat. Die E. T. A. ist doch eine Aussenstelle von Hogwarts, Dinge verschwinden in der E. T. A., noch schlimmer: Dinge tauchen auf einmal auf, wie eine kanonenartige Ballmaschine mitten in der Damensauna. Wo sie nun wirklich nicht hingehört. Troeltsch ist, sagt jemand, so blöd, dass er glaubt „Fellatio“ sei eine italienische Oper. Da ist er nicht allein mit seiner Blödheit. Das glauben auch Zweidrittel der bundesrepublikanischen Bevölkerung, wohlmeinend geschätzt. Kyle Colyle fängt einen kurzen Witz an, dessen Pointe drei Seiten weiter geliefert wird. Das Kapitel schnellt in den sexten Gang und ergeht sich über die kaum vorhandene Sexualität der Academiker. Und dann erzählt DFW wie Ortho „Der Schatten“ Stice aussieht und wir versinken wieder ein bisschen tiefer ins Sofa: „Stice gehört zu den Sportlern, deren Körper eine unverdiente Gottesgabe ist, weil er überhaupt nicht zum Gesicht passt. Er ähnelt einem schlecht zusammengeklebten Foto, einer übermenschlichen Pappfigur mit einem Loch für das menschliche Gesicht. Ein herrlicher Sportlerkörper, geschmeidig, konisch, glatt und von muskulöser Eleganz – … -, auf dessen anmutigem Hals das Gesicht eines verwüsteten Winston Churchill sitzt, eine breite Schwartenvisage, dunkel, fleischig, grobporig, mit einer fleckigen Stirn unter dem V-förmigen Haaransatz des Bürstenschnitts, Tränensäcken und Hängebacken, die bei plötzlichen oder schnellen Bewegungen das fleischige Stakkato ines Hundes produzieren, der sich trocken schüttelt“. Bulldogge. Nur schütteln die sich nie trocken. Für die braucht man einen Regenschirm. Weiße Schaumflocken fliegen dann. Wie da gerade da… Ist das Schnee? Ogottogott.
1996 erschien »Infinite Jest« in den USA und machte David Foster Wallace über Nacht zum Superstar der Literaturszene. Vor einem Jahr nahm sich David Foster Wallace das Leben. Sechs Jahre lang hat Ulrich Blumenbach an der Übersetzung von Wallaces Opus magnum gearbeitet, dem größten Übersetzungsprojekt in der Geschichte des Verlags Kiepenheuer & Witsch.
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6 Kommentare zu 3. November
ulrich blumenbach
5. November, 2009 um 13:28
„Kyle Colyle fängt einen kurzen Witz an, dessen Pointe drei Seiten weiter geliefert wird.“
Wobei mir erst beim gefühlt siebenundzwanzigsten Lesen aufgefallen ist, dass die Pointe von Coyles Witz auf denselben Verrenkungen beruht, die der Erzähler gerade für den Fall von Orins tantrischen Sex-Ratgebern beschrieben hat.
Nur von wegen: „Sauber verwebte Erzählstränge, Mr. Wallace!“
Stephan Bender
5. November, 2009 um 20:20
„Madame Psychosis wird wieder vermisst.“ ?
Das stimmt nicht! Sie nennt sich jetzt Dana Bryant und singt „The Jackal“ auf Ronny Jordans 2003 erschienen dritten Album „Quiet Revolution“.
http://www.amazon.de/The-Quiet-Revolution/dp/B001SQWVWU/ref=dm_cd_album_lnk_alt?ie=UTF8&qid=1257448186&sr=8-11
P.S. Das Album ist übrigens ein absolutes must have: Musikalisch, politisch und von einer erlesenen HiFi-Qualität.
platero y yo
6. November, 2009 um 14:36
Soundtracks zum Buch:
EELS(Band um Mark Oliver Everett, dem Sohn des Quantenphysikers Hugh Everett):
„Beatiful Freak“ erschienen 1996 mit dem beinahe Hit „Novocaine For The Soul“(sic!)
EELS: „Electro-Shock Blues“
„Rest Now, Weary Head! You Will“ GET WELL SOON
JENS FRIEBE: „Das mit dem Auto ist egal Hauptsache dir ist nichts passiert“ und „Vorher nachher Bilder“
MORIARTY: „Gee Whiz But This Is A Lonesome Town“
ARCADE FIRE(kanadische Indie-Rockband aus Montréal, Québec): „Funeral“ und „Neon Bible“
iLikeTRAiNS: „Elegies to Lessons Learnt“
CALEXICO(„Tucson-Desert-Rock“-Band): „Feast Of Wire“, „Garden Ruin“, „Carried To Dust“ oder „Hot Rail“
MARIANNE DISSARD: „l’entredeux“
GIANT SAND: „Provisional Supplement“
…
Guido Graf
6. November, 2009 um 15:13
sehr schöne Idee! mehr davon!
Stephan Bender
6. November, 2009 um 16:46
@ Marathe and Steeply:
Van Morrison – Philosophers Stone
Out on the highways and the by-ways all alone
I’m still searching for, searching for my home
Up in the morning, up in the morning out on the road
And my head is aching and my hands are cold
And I’m looking for the silver lining, silver lining in the clouds
And I’m searching for and
I’m searching for the philosophers stone
And it’s a hard road, Its a hard road daddy-o
When my job is turning lead into gold
He was born in the back street, born in the back street Jelly Roll
I’m on the road again and I’m searching for
The philosophers stone
Can you hear that engine
Woe can you hear that engine drone
Well I’m on the road again and I’m searching for
Searching for the philosophers stone
Up in the morning, up in the morning
When the streets are white with snow
It’s a hard road, it’s a hard road daddy-o
Up in the morning, up in the morning
Out on the job
Well you’ve got me searching for
Searching for, the philosophers stone
Even my best friends, even my best friends they don’t know
That my job is turning lead into gold
When you hear that engine, when you hear that engine drone
I’m on the road again and I’m searching for the philosophers stone
It’s a hard road even my best friends they don’t know
And I’m searching for, searching for the philosophers stone
—————————————-
wolf schwarzkopf
6. November, 2009 um 21:02
fortsetzung als serielles hörspiel.