27. Oktober

30. Oktober 2009 |

14.30. Kurz vor Bürgeln. Deutscher Mischwald. Leichter Dunst. Blauer Himmel. Blätter rieseln. Mein Vater fällt mir ein, sobald sich das erste Blatt wagte, mit dem Herbstschrödern anzufangen, fing der mit Rilke an. Um mich vom Schläfer zum Killer zu machen, reicht „Herr, es ist…“ Langt. Das erklärt doch vieles. Wenn nicht alles. Millionen Berliner WohnSchlafEsszimmer sehen so aus, wie dieser Weg. Kitsch, schrecklicher Kitsch. Silbereisenmäßiger Kitsch.
Wie komm ich jetzt von fallenden Blättern zu brennenden Katzen. Gar nicht. Sie brennen halt, weswegen dieses Buch nichts für Lieblingskollegin G. ist. Die Katze brennt und beleuchtet Lenz in der Dunkelheit, was seiner Anonymität nicht gut tut. Lenz lernt aus dem Katzendesaster und wechselt zu den Hundeähnlichen und zum Messer. Und aus Lenzens psychologischem Selbsterfahrungs-Taschenbuch lernen wir: je machtloser sich jemand fühle, desto wahrscheinlicher entwickle er eine Vorliebe zu gewalttätigem Ausagieren. Lenz stimmt dem zu, ich nicht. Müsste demnach schon mehrfacher Mörder sein.
Und weiter geht’s mit dem Erzählstrangknüpfen von Erzählsträngen, die wir längst im Spaß-Museum / Abteilung unerledigte Geschichten vermutet hätten. Der Gesundheitsattaché taucht wieder auf. Als einer von vielen Opfern der Patronen. Auch auf Seite 790 kann man noch Expositionen nachholen, das sei zur Nachahmung aber nur bedingt zu empfehlen. Wir begegnen dem Geheimdienstchef Tine, der ohne metrisches Lineal kein ganzer Mensch wäre, weil er dann unsicher wäre, ob sein KleinerMann heute noch genauso lang ist wie gestern. Endlich erfährt man, was möglicherweise zu sehen ist im „Unendlichen Spaß“. Wenigstens die Exposition kann einer der Probanten gerade noch in Worte fassen. Eine Frau, eine verschleierte Frau, eine Drehtür, es gibt Zug, der Schleier bauscht sich. Und dann – wird alles im Hirn finster. JoellePsychosis – die unbeschreibliche, die komabringende Medusa der Unterhaltungsindustrie.
Was sonst noch geschah: Stice wird beschworen, seine Angst beim Namen zu nenen, und er schlägt vor, sie Horace zu nennen, der war Vorstehhund bei seinem Vater. Avril „Die Moms“ Incandenza führt mit dem fastbeinahe halbnackten John Wayne ein merkwürdiges Ballett mit Pfeife auf, das man als eine Art von Entfernungssex, oder besser: Nahsexerfahrung bezeichnen könnte. Schade. Es wäre der erste Beischlaf der Spaß-Geschichte geworden.
Lenz sieht den Mond aufgehen, der wiederum sieht aus, als gings ihm nicht gut. Wieder was, das den Mond von mir unterscheidet.

1 Kommentar zu 27. Oktober

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Stephan Bender

30. Oktober, 2009 um 11:03

House M.D. , Staffel 6 , Folge 1:

(House hat sich selbst in das Mayfield-Psychiatric-Center eingeliefert, um einen harten Vicodin-Entzug durchzuführen. Nach dem Entzug will er gehen, doch der behandelnde Arzt will ihm seine Arzt-License nur zurückgeben, wenn er auf Station 6 noch eine Psychotherapie macht, um sein Verhältnis zu seinen Mitmenschen zu verbessern. Da House lieber Arzt ist als verrückt, knickt er ein. Dort befindet er sich zum ersten Mal im Gruppenraum…)

Jemand schmeißt sich auf den Boden und schreit: „Aah … mein Kopf … mein Kopf…!“
Offenschtlich simuliert der patient jedoch. Eine anwesende Ärztin beugt sich zu ihm hinunter.
Ärztin: „Du bekommst kein Haldol. Tut mir leid.“
Zimmergenosse von House: „Das ist Hal. Sein echter name ist Connor, aber wir nennen Hal, weil…“
House: „Ich habe es verstanden.“

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More: http://de.wikipedia.org/wiki/Haloperidol

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Über das Buch

1996 erschien »Infinite Jest« in den USA und machte David Foster Wallace über Nacht zum Superstar der Literaturszene. Vor einem Jahr nahm sich David Foster Wallace das Leben. Sechs Jahre lang hat Ulrich Blumenbach an der Übersetzung von Wallaces Opus magnum gearbeitet, dem größten Übersetzungsprojekt in der Geschichte des Verlags Kiepenheuer & Witsch.
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