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M. betreibt seit einigen Jahren zwei Häuser weiter ein kleines Café. Er ist ein engagierter Kleinunternehmer, der ständig neue Programme zur Kundenbindung auflegt. Unter anderem ist er eine Kooperation mit einem Frühstücksflocken-Hersteller eingegangen, der individuell zusammengestellte Müsli-Mischungen vertreibt. Wer im Internet bestellt, kann seine Lieferung versandkostenfrei in einem der so genannten „Hotspots“ abholen, zu denen auch M.s‘ Café gehört. Dort, so das Kalkül, nimmt man dann noch einen Espresso für den Weg und kommt im besten Fall gleich am nächsten Tag wieder, diesmal nur für den Kaffee.
Auch mich hat M. auf diesem Weg als Stammkunden rekrutiert. Ich hole allerdings kein Müsli bei ihm ab, sondern Bücher. Alles, was nicht durch meinen schmalen Briefkasten passt, landet in seinem Café, in einem kleinen Regal neben seinem Tresen. Ich verdiene mein Geld als Literaturkritiker, es kommen also verhältnismäßig viele Päckchen und Pakete. Inzwischen habe ich einfach meine Klingel abgestellt und hole bei M. einmal am Tag die Sendungen ab, die die notorisch unterbezahlten Zusteller von DHL, DPD, UPS, Hermes und GLS abgeliefert haben.
„Unendlicher Spaß“ kam am Freitag. Müsste ich diesen doch recht umfangreichen Roman für eine Zeitung rezensieren, würde ich mit Sicherheit einen schlechten Schnitt machen. Aufgrund der progressiv fallenden Honorare für freie Journalisten reichen mittlerweile jedoch schon weitaus dünnere Bücher, um bei einem Stundenlohn zu landen, der deutlich unter dem eines Paketzustellers liegt. Ich sollte auch bald über eine Kooperation nachdenken.
Kolja Mensing, geboren 1971, in Oldenburg. Er arbeitet als freier Kritiker für Faz, Taz und Deutschlandradio. Er hat 2002 das Buch „Wie komme ich hier raus? Aufwachsen in der Provinz“ (Kiepenheuer & Witsch) veröffentlicht. 2007 erschien „Minibar. Kurze Erzählungen“ (Verbrecher Verlag). Zusammen mit Florian Thalhofer die Dokumentarfilme „13ter Stock“ (2005) und „13ter Shop“ (2007).
1996 erschien »Infinite Jest« in den USA und machte David Foster Wallace über Nacht zum Superstar der Literaturszene. Vor einem Jahr nahm sich David Foster Wallace das Leben. Sechs Jahre lang hat Ulrich Blumenbach an der Übersetzung von Wallaces Opus magnum gearbeitet, dem größten Übersetzungsprojekt in der Geschichte des Verlags Kiepenheuer & Witsch.
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2 Kommentare zu Am Hotspot
Reinard Schmitz
31. August, 2009 um 13:28
Durchhalten, Espresso trinken. Wir Leser brauchen Euch, mindestens so sehr wie die Zusteller! Gern etwas mehr pro Sendung oder pro Buch, wenn’s bei den richtigen landen würde. Denn ohne Bücher…?
Volker
6. Oktober, 2009 um 13:03
… wollte man noch effizient Buchrezenensionen schreiben, so müsste man die Ansichtsexemplare bei amazon verkaufen und dort auch gleich die Leserrezensionen beziehen, um daraus halbwegs plausible Rezensionen zu fantasieren – dann hätte man einen halbwegs tolerablen Stundenlohn. Das wäre die Rezensenten-Leser-Kooperation